Ich kannte S. schon eine ganze Zeit lang aus der einen oder anderen Begegnung im beruflichen und privaten Umfeld.

Hin und wieder hatte sie erwähnt, dass sie auch gerne einmal Bogenschießen probieren würde, meistens aber begleitet von dem zweifelnden Zusatzgedanken "... falls ich das überhaupt kann ?".

Meine Ermunterungen, es einfach einmal auszuprobieren, führten irgendwann dazu, dass sie ihre große Zurückhaltung und ihre zweifelnde Haltung ablegte und zu einer Schnupperstunde im Einzelunterricht kam.

Mit wachem und konzentriertem Interesse von ihr, aber noch erkennbar zögerlicher Haltung und zurückhaltender Körpersprache, geschah die theoretische Einführung in die grundsätzlichen Phasen des Schussablaufs und die zu beachtenden Aspekte zur Sicherheit.

Dann geschah es - der wunderbare, nicht erwartete, völlig überraschende Moment - ein Blitzeinschlag kann nicht unmittelbarer und intensiver sein:

Sie nahm das erste Mal den Bogen in die Hand, legte einen Pfeil auf und ging in den Vollauszug.

Ich konnte fast nicht glauben, was ich da sah - eine Frau, die urplötzlich einen halben Meter größer wirkte und die mit einer nie erwarteten Kraft in die Körper- und insbesondere die Rückenspannung ging. Es war plötzlich ihr unbändiger Wille zu spüren, mit dem Pfeil das Ziel zu treffen, was ihr auch gleich mit dem ersten Schuss sehr gut gelang.

Ich weiss nicht, wer von uns beiden mehr überrascht und überwältigt davon war, wie hier urplötzlich die innere Stärke und Größe dieser Frau zum Vorschein gekommen war. Für mich war es geradezu ein magischer und zutiefst berührender Moment, welche innerliche Befreiung da gerade stattgefunden hatte.